Heute auf den Tag vor 125 Jahren fand die feierliche Eröffnung der ersten Strecke der Wusch zwischen Sighișoara (Schäßburg, ung. Segesvár) und Agnita (Agnetheln, ung. Szentágota) statt. Damals gehörte Siebenbürgen noch zu Ungarn und so lautete die offizielle Bezeichnung der neuen Schmalspurbahn „Segesvár – Szentágotai Vasút“.
Der 16. November 1898 markiert den feierlichen Abschluss der ersten Phase des Bahnbaus, die drei Jahre zuvor begonnen hatte und von einigen Schwierigkeiten geprägt war: Starkregenereignisse und Entgleisungen in schwierigem Gelände bereiteten hierbei immer wieder ernsthafte Probleme. Doch es gelang noch vor der Aufnahme des regulären Personenverkehrs die 48 Kilometer lange Strecke ab dem Frühjahr 1898 sukzessive für den Güterverkehr freizugeben. Andreas Mausolf hat insbesondere die Anfänge der Wusch in den Schäßburger Nachrichten Nr. 29 (S.20-23) beschrieben. Dort berichtet er von anfänglicher Skepsis, die dem neuen Verkehrsmittel entgegengebracht wurde.
Der Chronist des Groß-Kokler Boten
vermerkte anlässlich der Probefahrten, wegen der vielen Kurven sei die Strecke „der reinste Schlangengang“, doch die Wagen zeichneten sich durch eine Bauart aus, die „elegant und nett“ sei. Alles sei ohne jeden Unfall verlaufen. Wohl wegen der „langsamen und vorsichtigen Fahrt“ sei es zu keinen Komplikationen gekommen.
[aus Mausolf 2008: S. 20]
Von 1898 bis 1910 endeten die Züge der Wusch auf dem Agnethler Marktplatz.
Schon bald verflog die Skepsis, schließlich brachte die Bahn einen wichtigen Impuls für die Entwicklung der Harbachtal-Region. 1901 beförderte die Wusch über 73.000 Fahrgäste und bewältigte knapp 23.800 Tonnen im Gütertransport. Die wirtschaftlichen Zahlen lasen sich allerdings etwas verhaltener. Dennoch hielt man an einem Weiterbau über Agnita hinaus in Richtung Sibiu (Hermannstadt, ung. Nagyszeben) fest, welcher schließlich 1910 abgeschlossen werden konnte.
Blickte man um die Jahrhundertwende noch hoffnungsvoll auf die Schmalspurbahn, kam Mitte der Sechziger Jahren das Aus für die Wusch zwischen Sighișoara und Agnita:
Das schwierige Gelände in diesem Abschnitt, das wie geschrieben bereits beim Bahnbau problematisch war, dürfte den Unterhalt auf Dauer nicht einfach gemacht haben. Auch sah man nach dem Zweiten Weltkrieg insbesondere die Ortsdurchfahrt in Sighișoara als Problem an: Bereits die ersten Loks der Wusch waren zum Schutz der Fußgänger und gegen das Scheuen der Pferde mit verkleideten Triebwerken ausgestattet worden. Erschwerend hinzu kam, wenn auch noch nicht wie im heutige Ausmaße, der wachsende motorisierte Verkehr auf der Straße.
Letztlich verkehrten um 1964/1965 die letzten Züge zwischen Sighișoara und Agnita und bald darauf verschwanden auch die Gleise jenes Streckenabschnitts, welcher einst – heute vor genau 125 Jahren – die Keimzelle der Wusch gewesen war.
Auch fast 60 Jahre nach Stilllegung der Wusch zwischen Sighișoara und Agnita finden sich entlang der früheren Strecke noch zahlreiche Relikte der Schmalspurbahn, wie hier z.B. das Bahnhofsgebäude von Apold (Trappold) unterhalb der Kirchenburg des Ortes.